Manneken Pis, Brüssel, Wiki Commons/Mirabella CC BY-SA3.0 |
Prof. Egon Willich ist Leiter des in Potsdam siedelnden universitären Instituts für soziologische Psychoanalyse. Er gilt weltweit als Fachmann für die postmoderne Freudforschung, als Anhänger dessen Lehren er sich nie verborgen hält.
RL: Herr Prof.
Willich Sie sind einer der engagiertesten Freudanhänger der Gegenwart und dafür
weit über die Grenzen des deutschen Sprachraums berühmt…
Willich: Das ist zu
viel der Ehre, wenn ich Sie unterbrechen darf, wo kann ich meine Aktentasche abstellen?
RL: In der Garderobe.
Willich: Nein,
das ist mir zu weit, ich führe einige Belege in ihr mit, ich benötige sie daher
stets in meiner Nähe.
RL: Neben ihrem
Sessel würde sie wohl auch niemanden stören.
Willich: Danke.
Also in der Tat bekenne ich mich zu Siegmund Freud und seinen Lehren und ich
bin überzeugt, dass gerade die gegenwärtigen enormen neurobiologischen
Fortschritte seine Kritiker – ja eigentlich möchte ich sie mit einem Modewort
belegen: postfaktischen Kritiker - eines Besseren belehren werden. Wissen Sie,
Freud konnte den Menschen ja noch nicht ins Gehirn schauen und alles gewissermaßen
nur von außen her, der Erscheinung nach notifizieren. Aber ohne seine
Einsichten würden wir die Wege, die sich uns heute hier offenbaren, niemals
verstehen können.
RL: Nun, gerühmt
wurde und wird er nach wie vor, aber es gab und gibt da auch heftige
Gegenreaktionen…
Willich:
Selbstredend, wie sollte es auch anders sein. Was Freud uns verstehen ließ,
liegt zu nahe am Leben und greift zu unmittelbar in vieler Menschen
Selbstverständnis ein…
RL: Wie etwa das der Feministinnen?
Willich: Das
musste natürlich so kommen. Sie denken an seine Vorstellung vom Penisneid der
Frauen, eine Provokation für unsere modernen Feministinnen. Das meinte ich
gerade mit postfaktisch, also in der Bedeutung sich den Tatsachen zu
widersetzen.
RL: Können Sie
uns ein wenig seine Theorie erklären.
Willich: Gerne,
sehr gerne. Also der leibliche Unterschied zwischen Mann und Weib kann hier nun
kaum geleugnet werden. Aber schon die Annahme, dass solche Unterschiede
Implikationen mit sich führen, übersteigt die Wahrnehmungsfähigkeit mancher
Kritiker oder muss ich KritikerInnen sagen? Freud beschrieb nun, dass kleine
Mädchen schon im Alter zwischen drei und fünf Jahren diesen Unterschied bemerken
und ein solches Glied an sich vermissen. Sie erfahren diesen Umstand als einen
Mangel, der sich auch in einer besonderen Beziehung zu ihrem Vater, dem es an
diesem Teil gerade nicht mangelt, niederschlägt. Sie fühlen sich der männlichen
species gegenüber unterlegen, als
seien sie kastriert, was in ihnen ein starkes Neidgefühl erregt, mithin den Penisneid.
Dieser beeinflusst fürderhin ihr Verhältnis zum anderen Geschlecht, vielleicht weniger
im Einzelnen, aber umso mehr jedoch, wenn es ums Allgemeine geht.
RL: Dazu gibt es
aber viele gegensätzliche Meinungen, auch manche Vorwürfe gegen Freud.
Willich: Ja, ja ,
in der Tat. Man hielt ihm vor, ein Propagandist des Patriarchats zu sein,
manche milderten den Vorhalt auch ab, er könne sich der Indoktrinierung durch
eine patriarchale Gesellschaft schwerlich entziehen. Weibliche Psychologen oder
muss ich von weiblichen PsychologInnen sprechen, stilistisch ein Hendiadyoin,
also, wie dem auch sei, sie konterten mit dem Gebärneid des Mannes, manche auch
mit einem Stillneid. Nun gibt es durchaus Kulturtheorien, die die Wandlung
einer matrilinearen Gesellschaft zu einer patriarchalen durchaus mit der
Erkenntnis der eigenen männlichen Zeugungsfähigkeit in Verbindung bringen, aber
das sind gesellschaftliche und kulturelle Erwägungen, die zumindest in der
unmittelbaren Wahrnehmung im Rahmen einer frühkindlichen Entwicklung noch keine
Wirkung zu erzeugen vermögen. Jedenfalls war und blieb seitdem die Theorie über
den Penisneid ein rotes Tuch für viele Feministinnen.
RL: Und hat sie
sich bewahrweitet oder auch nur bewährt?
Willich:
Psychologische Theorien, zumal von soziologischer Wirkungsmacht, können sich
natürlich nicht wie naturwissenschaftliche Annahmen bewahrheiten. Aber hier wie dort bemühen wir uns heute ja auch zunehmend nur, den Wirkungsgrad von Theorien
auf ihre Hilfe, Zusammenhänge wenigstens zu verstehen, zurückzuführen. Und da
mehren sich nun gerade im Verhalten der Menschen, wie etwa im Zusammenhang mit
feministischen Forderungen, im soziologischen Bereich Beispiele, die eigentlich
nur unter Zuhilfenahme dieser Theorie des alten Freuds wieder einmal in ihrer
kulturellen und gesellschaftlichen Dominanz gedeutet werden können. Hinzutritt
natürlich auch, dass unsere gegenwärtige Gesellschaft gerade auf solchem Felde
Deutungsmacht den feministisch besonders aktiven Kreisen recht bedingungslos
überlassen hat, bis hin zu politischen Generalvollmachten in Gesetzen, die von
ahnungslosen Abgeordneten verabschiedet wurden.
RL: Sie meinen
den Geschlechterkampf?
Willich: Im
Ergebnis schon, aber im Einzelnen wird dies verdeckt durch scheinbar harmlose
zivilisatorische oder auch hemmungslose Verallgemeinerung von Missständen in
bestimmten, eigentlich abgrenzbaren Bereichen.
RL: Das müssen
Sie uns näher erläutern.
Willich: Ja,
nehmen sie zum Beispiel das gesellschaftsdogmatisch sicherlich recht harmlos
erscheinende Problem des sogenannten Wildpinkelns. Damit ist das von Männern
seit je gepflogene Entleeren ihrer Blase in stehender Haltung im Freien
gemeint. Die männliche körperliche Konstitution bevorzugt sie hier natürlich
ungemein den Frauen gegenüber. Ohne seine Körperhaltung auffallend verändern zu
müssen, bedarf es nur der Öffnung des hierfür besonders vorgesehenen Schlitzes
der Hose eines Mannes - bekanntlich seither
auch ein modisches Accessoire zur Unterscheidung von Männer- zu Damenhosen,
seitdem man auch den Frauen die Verwendung von solchen Beinkleidern erlaubt
hatte. Sein zum Entleeren bereites Glied kann ein Mann sogar geschickt mit der
Hand verdecken, so dass man zwar der eingenommenen Haltung insgesamt die
Handlung zu entnehmen vermag, aber ohne sich etwa dabei entblößen zu müssen -natürlich
eine Hemmschwelle für jede weibliche Wildpinkelei, mit der zudem auch ein
tiefes Abtauchen in eine Hocke, eine durchaus auch als unterwürfig zu deutende
Haltung, ganz knapp über den Boden ausgeführt, verbunden wäre. Vereinfacht
gesagt: während die männliche Entleerung selbst in der Öffentlichkeit leicht,
oft sogar ganz unauffällig erfolgen kann, stößt das weibliche Pendant der
Handlung zumeist auf unüberwindbare Hindernisse. Das setzt sich selbst auf den
für die Entleerung vorgesehenen Orten fort. Hier stellt es ja ein alt bekanntes
Problem häuslicher Hygiene dar, dass die Männer zum Pinkeln nur ihren
Hosenschlitz öffnen, um stehend ihr Wasser abzulassen, ein Vorgang der bereits
nach physikalischen Grundsätzen nie ohne unkontrollierbare side effects
zielgenau zu bewirken ist. Und denken sie dann noch an die Bevorzugung der
männlichen Entleerung selbst beim Gebrauch öffentlicher Toiletten. Während
sich, natürlich baulich durch eine weitaus geringere Raumbeanspruchung
begünstigt, in kurzer Zeit auch eine größere Anzahl der Männer dort entleeren
kann, stehen die Frauen in oft langen Schlangen wartend vor den wenigen WC-Abteilen
bis in den für alle Geschlechter zugänglichen Bereich hineinreichend und sind dort
nicht selten den mitleidvollen Blicken der wieder rasch aus dem Pissoir zurückkehrenden
Männern ausgesetzt, von deren oft wenig verständnisvollen Bemerkungen ganz zu
schweigen.
RL: Diese erleichterte
Fähigkeit zum Entleeren der männlichen Blase hat natürlich auch andere
unangenehmen Folgen. Die Männer entleeren sich überall, in jedem Winkel. Der
Gestank legt hinreichend Zeugnis. In dem einst beschaulichen Freiburg in
Breisgau wurden dieser Tage nicht nur zwei Frauen missbraucht und ermordet,
sondern auch ein Wildpinkler beim Urinieren in einer Telefonzelle nahe dem
altehrwürdigen Münster von zwei Männern erschlagen.
Willich: Natürlich
führen wie stets im Leben erleichterte Bedingungen sehr rasch zum vermehrten
Missbrauch. Damit wird dieser Gebrauch im Übrigen und als solcher aber nicht ebenso
missbräuchlich. Nur weil man im Stehen rasch ganz einfach überall sein Wasser
lassen kann, auch an den unerwünschtesten Stellen, diskriminiert dies nicht
eine jede dieser Handlungen und dass, sich im Stehen zu entleeren, von
vorneherein gewissermaßen schon der Natur nach mit der Gefahr verbunden wäre,
dies rücksichtslos an jedem denkbaren Ort zu erledigen, wird von mancher Seite
recht polemisch zwar behauptet, aber ist ein Argument, mit dem man jede
Freiheit zugleich verbieten könnte, denn Freiheit lebt natürlich davon, ihre
Grenze auch überschreiten zu können. Ihr ethischer Inhalt ist es gerade, bestimmte
Dinge, obwohl man es könnte, nicht zu tun. Wenn aber ein solches
Totschlagsargument angeführt wird, führen deren Apologeten regelmäßig ganz
anderes im Sinn. Lee Kuan Yew, der langjährige erste Premierministers
und gewissermaßen der Gründer des modernen Singapurs berichtete im hohen Alter
über die Schwierigkeiten, die er hatte, es den Männern abzugewöhnen, in den Kabinen
der Aufzüge der immer höher werdenden Gebäude zu urinieren. Denn die meisten
seiner Bürger kamen aus einfachen ländlichen Verhältnissen, wo man es gewohnt
war, seine Notdurft gerade dort zu verrichten, wo man sich unbeobachtet wähnte.
Diese Voraussetzung erfüllten natürlich Lifte stets dann, wenn sie nur von
jemandem allein benutzt wurden. Es bedurfte über viele Jahre einer sehr harten
Hand, mit drakonischen Strafen, diese Art des Wildpinkelns erfolgreich zu bekämpfen.
Niemand wäre dabei aber auf die Idee gekommen, allein in der Möglichkeit, sich
im Stehen zu entleeren, den Grund allen üblen Gestanks in den Aufzugskabinen zu
finden. Das aber, und hierin besteht der wesentliche Unterschied zu bloßen
ordnungspolitischen Maßnahmen, wollen diejenigen, die nunmehr über den Vorwand,
die unappetitlichen Auswirkungen des wilden Pinkelns zu beschränken, das Übel
gewissermaßen an der Wurzel, das ist der im Stehen freigelegte Penis,
auszurotten und im Übrigen die Männer, wenn nicht in die Hocke, dann wenigstens
auf die Knie zu zwingen.
RL: Sie meinen, die Verbote des
Wildpinkelns zielen weniger auf die Vermeidung der Verschmutzung als auf die
mit der Entleerung im Stehen verbundenen möglicherweise auch im Sinne eines
Patriarchalismus zu deutenden Geste?
Willich: Natürlich wollen etwa die
Ordnungsämter der Städte, die Geldbußen für freies Urinieren in öffentlichen
Einrichtungen verhängen, nur die Verschmutzung in Gebäuden und Anlagen ahnden,
und mehr noch Anreize schaffen, sich hinreichend bis zur nächsten Toilette zu
beherrschen. Dieses Motiv wird aber der zunehmenden Problematisierung dieses
Themas nicht mehr gerecht. Denn der Kreis rechtlicher Regeln, die sich mit diesem
Phänomen befassen, weitet sich immer weiter aus, von der Erregung öffentlichen
Ärgernisses bis hin zu den Tatbeständen des Sexualstrafrechts, wie das Verbot
der zur geschlechtlichen Erregung erfolgenden Zurschaustellung männlicher
Geschlechtsorgane, also eines exhibitionistischen Verhaltens. Die Vehemenz, mit
der in bestimmten Kreisen über Formen des freien oder auch wilden Pinkels diskutiert
wird, belehrt uns eines sehr viel Weiteren; hier kündigt sich ein neuer
Kulturkampf mit feministischen Zielsetzungen an.
RL: Das ist starker Tobak.
Willich: Mag so scheinen, ist es aber nicht.
Denn man kann diesen Angriff auf die männliche Sonderstellung im Hinblick auf den
von der Evolution ermöglichten vereinfachten Zugang zu seinem Geschlechtsglied
in vielen Lebenslagen durchaus in einem weitaus allgemeineren Zusammenhang
stellen.
PL: In welchem?
Willich: Bleiben wir noch beim Entleeren
der Blase. Selbst im privaten Bereich finden sich überall Bemühungen, die
Männer gewissermaßen in die Knie zu zwingen, indem man ihnen ein schlechtes
Gewissen bereitet, man kann das heute auch mit unkorrektem Verhalten
umschreiben, wenn sie sich nicht genauso wie Frauen in sitzender Weise entleeren
– dem können sie nur dadurch entgehen, dass sie sich wirklich vor die
Kloschüssel hinknien und die Schüssel wie ein Urinal benutzen, mithin eine
Haltung ähnlich demütig einnehmen wie Frauen bei einem Versuch des Wildpinkelns
ihrerseits in der Hocke. Und mehr noch: mittels der Vorstellung von einem
Genderklo will man den Männern ihre Pissoirs gänzlich abgewöhnen, nunmehr haben
sie sich wie Frauen gemeinsam in die Reihe zu stellen, um auf eine frei
werdende Kabine zu warten. Die Schweden sind gerade dabei, dies auch den
Männern aufzuerlegen.
RL: Nun über das Genderklo wird ja
doch aus anderen Gründen diskutiert, etwa um geschlechtsneutrale oder
umgewandelte Personen nicht zu diskriminieren.
Willich: Genau das meinte ich mit der
Problemverschiebung, ein Problem wird herausgegriffen, um etwas ganz anderes zu
bewirken. Die Frage der Genderdiskriminierung auf öffentlichen Toiletten
betrifft eine Gruppe von Personen, die sich im winzigen Promillebereich der
möglichen Nutzer bewegt – die aber angeführt wird, um den Männern endlich ihre atavistische Art des Urinierens auszutreiben. Ja mehr noch, nunmehr haben die
Genderaktivisten gar die Forderung erhoben, den Schlitz in den Männerhosen zu
verbieten, sie sehen hierin eine Diskriminierung der Frauen, denen
grundsätzlich nur Hosen mit verschlossenem Zugang im Schritt angeboten werden.
RL: Ist das nicht nur eine Frage eines
modischen Accessoires?
Willich: Sollte man meinen, aber hören Sie sich nur einmal die Argumente an. Der Schlitz im Schritt der Hose sei stets ein
Merkmal männlicher Vorherrschaft und Beherrschung gewesen. Zu der Zeit, als den
Frauen solche Beinkleider zu tragen noch verwehrt war, besaßen manche von
ihnen lange Unterhosen mit einer Öffnung mittig im Schritt, die in manchen
Regionen auch Schnellpisser genannt wurden. Das sei aber nicht der einzige
Grund hierfür gewesen. Denn er spiegelte den Männern die Macht vor, jederzeit
über das Geschlecht der Frauen auch verfügen zu können – was auszuüben ihnen
wiederum der rasche Griff zur Öffnung des Schlitzes der eigenen Hose ungemein
erleichtert habe.
RL: Das scheint nun wirklich weit
hergeholt zu sein….
Willich: Natürlich nur dann, wenn man das
Argument als wirklich ernst gemeint betrachten würde, aber tatsächlich geht es
nicht um den sexuellen Missbrauch, sondern schlicht darum, den Mann in seinem
freieren Zugang zu seinem Geschlechtsteil zu beschränken. Ja, betrachten Sie
doch einmal die Diskussion zur Prostitution. Frauen, die ihren Körper gegen
Geld verkaufen, hat es jedenfalls unter dem Patriarchat schon immer gegeben.
Dies galt als unvermeidbar, um den weitaus unbändigeren Trieb des Mannes, seine
Spermien in Verfolgung der Evolution zu verteilen - gemessen an dem deutlich geringeren Bedarf der Frauen, ihre um
Dimensionen kleinere Anzahl an Eiern
zu befruchten - beherrschbar zu machen. Manche gingen sogar soweit, in der
Prostitution eine Einrichtung zum Schutz der Monogamie zu sehen, hierzu gibt es
bekanntlich Aussagen namhafter Kirchengelehrter wie den heiligen Thomas von
Aquin. Wir haben es heute, nicht ganz ohne Mitschuld von blauäugigen
Liberalisierungen auch unter Beteiligung feministischer Kreise, mit
weitverbreiteten Missständen auf dem Feld der Prostitution zu tun, deren
schlimmste Form die Zwangsprostitution und der einhergehende Menschenhandel
ist. Was sind die Gegenreaktionen? Eine Kriminalisierung aller Männer, die Frauen
aufsuchen, die sich ihnen gegen Entgelt hingeben. Da ändert nichts daran, dass
sich ganze Scharen von Frauen offen dazu bekennen, sich freiwillig ohne Zwang dazu
bereitzufinden, wie eben schon seit Menschengedenken üblich. Das Problem der
Zwangsprostitution wird also verwandt, um der Prostitution gänzlich den Garaus
zu machen. Das zielt natürlich wiederum auf den Teil, der im besonderen Maße
kraft seiner evolutionären genetischen Veranlagung hierauf angewiesen ist, das
sind die Männer mit ihrem recht einfach verwendbaren Gliedern und ihrer
genetischen Determination. Nebenbei stärkt eine Einschränkung der Prostitution
erheblich die Macht der Frauen über die Männer, deren Anforderungen an die
Eigenschaften der zum Verkehr bereiten Geschlechtspartner damit natürlich
sinken, wie auch deren (nicht unbedingt pekuniär verhandelten) Preise dafür
entsprechend steigen. Kulturhistorisch war die Prostitution schon immer vielen
Frauen ein Dorn im Auge, weil sie es den Männern erlaubte, sich aus ihrer
triebhaften Abhängigkeit von bestimmten Personen zu befreien.
RL: Simplifizieren Sie hier nicht
doch die Beziehungen der Geschlechter zueinander zu stark, Herr Professor?
Willich: Keineswegs, schauen Sie (greift
zur Aktentasche), ja, hier, eine brandneue soziologische Studien über
Genderverhalten: während 46 % der befragten verheirateten oder seit mehr als
einem Jahr in einer festen Partnerschaft lebenden Frauen davon überzeugt sind,
dass ihre Männer sexuell auf sie angewiesen sind, sind nur 8 % der Männer der
gleichen Meinung in Bezug auf ihre Partnerinnen. Da kann es doch kaum noch eine
Frage sein, wessen Stellung durch eine generelle Kriminalisierung der Prostitution
gestärkt werden würde. Die gesamte Genderdiskussion, von der Prostitution, über
das Genderklo bis zur Wildpinkelei, zielt doch eindeutig auf eins: auf den
Penis und seine naturgegebene freiere Verwendbarkeit. Manchmal kann ich mich
bei manchen Vorschlägen nicht des Eindrucks erwehren: die beste Lösung wäre
wohl, ihn einfach abzuschneiden, also die Kastration.
RL: Welche Bedeutung soll denn dann
noch dem Penisneid zukommen?
Willich: Freud konstatierte selbst schon
bei vielen Frauen das Minderwertigkeitsgefühl, verglichen mit den Männern
kastriert zu sein. Nichts liegt näher, als den Spieß einfach herumzudrehen. Das
erleben wir in diesen modernen Genderbewegungen, sie sind geradezu der Beweis
von Freuds Postulat vom Penisneid. Schauen Sie sich doch diese lächerlichen
genderbedingten Sprachdiskussionen um die Bildung eines genderkorrekten Plurals
an. Ja was prangt Ihnen da in dem großgeschriebenen I entgegen, um zur
genderkorrekten Mehrzahl überzuleiten? Ein stilisierter Phallus, wie ein
Malzeichen, das der Schmach vermeintlicher Herrschaft des Penis den Männern
überall entgegentritt, sobald sie sich aus ihrer Singularität hinausbegeben.
Das ist mehr als bloße Symbolik, das ist Herrschaftsgebaren. Dabei übergehen die
FeministInnen (darin beziehe ich die ihr Lied verbreitenden Männer ebenso mit
ein, was Sie bitte durch eben dieses großgeschriebene I dokumentieren möchten) die
schlichte Tatsache, dass der weibliche bestimmte Artikel „die“ schon aus früheren Zeiten matrilinearer
Herrschaft herrührend den Plural feminisiert hatte, damals aus der Erfahrung
heraus, dass allein ein Weib aus eins zwei und auch mehr machen zu können
schien. Sie sehen, auch Freuds Theorie vom Penisneid wird am schlüssigsten von
ihren Gegnern selbst bestätigt, wie im richtigen Leben, denn Dinge, die man
benennt, haben es nötig.
RL: Wir danken Ihnen, Herr Professor,
für dieses Gespräch und wünschen Ihnen und Ihren Kolleg*innen weiterhin Erfolg
bei Ihrer Arbeit.
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